Bogenschießen mit dem Blankbogen

Als Blankbogen wird in der Hauptsache ein olympischer Recurvebogen ohne Visier und Stabilisatoren bezeichnet. Ferner handelt es sich auch um einen Überbegriff für alle Bogentypen, die im obigen Sinne blank geschossen werden.
Diese Seite widmet sich hauptsächlich dem Blankbogen als Bogenklasse nach den Regeln der World Archery Federation (WA).

Die Faszination am Schießen mit dem Blankbogen

Der Blankbogen ist immer noch ein sehr einfacher Bogen, der im Zusammenspiel mit der Zieltechnik Stringwalking dennoch eine sehr hohe Präzision erlaubt. Die einzigen technischen Unterschiede zum “traditionellen” Recurvebogen bestehen im Prinzip im Schießen über eine genau justierbare Pfeilauflage und dem Anbringen von Gewichten am Mittelteil. Weiter dürfen Metallmittelteile verwendet werden, die prinzipiell mehr Gewicht bringen als Holzmittelteile – wobei heute auch in der “Traditional-Klasse” häufig bereits sehr schwere Mittelteile aus Holz mit eingeschlossenen Gewichten geschossen werden.
Anders als dem olympischen Recurvebogen und dem Compoundbogen, fehlen dem Blankbogen das Visier und die langen, sperrigen Stabilisatoren. Dies macht ihm einerseits zu einem praktischen Bogen für das Schießen im Gelände, während andererseits das ständige Einstellen des Visiers beim Schießen auf unterschiedliche Entfernungen entfällt. Ist das Schätzen der Entfernungen und das Abgreifen der Sehne erst einmal in Fleisch und Blut übergegangen, ist das Schießen auf wechselnde Entfernungen genauso unkompliziert wie das intuitive Schießen, dafür jedoch wesentlich präziser. Sauberer Schussablauf und sicherer Gefühl für Distanzen natürlich immer vorausgesetzt…

Zielen mit dem Blankbogen

Ein Blankbogen wird fast immer mit Stringwalking geschossen, da diese von allen Zielmethoden ohne Visier die genaueste ist. Fallweise kommt auch Facewalking, um einen weiteren Ankerpunkt für andere Entfernungen zu bekommen, zusätzlich zum Einsatz. Point of aim/gap können ebenfalls zusätzlicher Teil der Zieltechnik sein. Selbstverständlich kann auch ein Blankbogen intuitiv geschossen werden – allerdings möchten die meisten Blankbogenschützen die Möglichkeit wirklich präzise zu schießen auch nutzen. Auch wenn intuitiv sehr gut Ergebnisse möglich sind – noch genauer geht es eben mit Zieltechnik.

Stringwalking

Beim Stringwalking wird die Sehne in Abhängigkeit von der Entfernung abgegriffen. Der Nullpunkt des Schützen – also die Entfernung, auf die er seine Spitze genau ins Ziel halten kann, wenn sein Zeigefinger direkt unter der Nocke liegt, befindet sich idealerweise in oder knapp über der maximalen Entfernung, die der Schütze bewältigen muss/will. Auf kürzere Entfernung wird die Sehne dann nach unten abgegriffen. Auf diese Weise kann die Pfeilspitze immer genau ins Ziel gehalten werden.
Ein abgreifen der Sehne nach oben ist nur sehr bedingt möglich, da hier einerseits der Griff jeweils nur um eine Fingerbreite variiert werden kann, andererseits der Bogen dann schon sehr weit oberhalb der Mitte gezogen werden würde, was technisch nicht ideal ist.
Prinzipiell gilt, dass die Abgriffweite von der längsten zur kürzesten Distanz möglichst kurz gehalten werden sollte, um Probleme mit dem Tiller möglichst gering zu halten. Faustregel ist, dass nicht mehr als eine Tabbreite weit abgegriffen werden sollte. Dies ist auch der Grund dafür, dass der Nullpunkt an der Maximaldistanz liegen sollte. Eine Möglichkeit dies zu erreichen, besteht im Anpassen des Setups, respektive der Pfeilgeschwindigkeit über Sehne, Pfeilgewicht und Zuggewicht. Eine weitere Möglichkeit ist die Wahl eines anderen Ankerpunkts.

Facewalking

Beim Facewalking wird der Ankerpunkt im Gesicht in Abhängigkeit von der Entfernung verändert. Genau wie beim Stringwalking kann die Pfeilspitze dadurch immer genau ins Ziel gehalten werden. Die Methode ist allerdings schwieriger zu erlernen als Stringwalking, da mehrere Ankerpunkte gefunden und perfekt antrainiert werden müssen.
Zumindest einen zweiten Ankerpunkt gut zu beherrschen, kann aber dem Blankbogenschützen helfen, die Abgriffweite gering zu halten. Er hat dann zwei Nullpunkte, beispielsweise einen für 55 Meter und einen für 35 Meter. Hier muss er sich natürlich für jeden der beiden Ankerpunkte die jeweiligen Abgriffe erarbeiten, sich also zwei Systeme merken.

Point of aim/gap

Bei den Zieltechniken Point of aim/gap wird die Pfeilspitze nicht genau ins Ziel gehalten, sondern im Vorfeld der Gap, also die Lücke zwischen Zielmitte und dem Point of aim, also der Position wo die Pfeilspitze liegen muss, damit der Pfeil anschließend trifft, ermittelt.
Diese Methode kann beim Schießen mit Blankbogen beispielsweise angewandt werden, wenn auf kurze Entfernung bereits so weit abgegriffen werden müsste, dass sich die ungleiche Belastung der Wurfarme bereits negativ auf den Pfeilflug auswirkt. Es wird dann etwas weniger tief abgegriffen, dafür aber die Spitze tiefer angehalten.
Umgekehrt ist es eine Lösung, wenn der Schütze seinen Nullpunkt etwas unterhalb der Maximaldistanz hat, sein Setup aber beibehalten und auch nicht facewalken möchte.

Blankbogen Zieltechnik klingt komplizierter als sie ist

Schützen aus dem intuitiven Bereich haben oft den Eindruck, dass Blankbogenschießen wahnsinnig kompliziert ist. Der Eindruck täuscht allerdings und obige Beschreibung klingt schlimmer als es in der Praxis tatsächlich ist. Natürlich muss man sich sein individuelles Zielsystem erarbeiten und es dauert eine Weile, bis es wirklich perfekt sitzt – aber wer bereits eine prinzipiell saubere Technik schießt, kann sich das Grundkonzept dazu innerhalb eines(!) Trainingstages systematisch beibringen.

Voraussetzungen für das Schießen mit Blankbogen

Prinzipiell können Anfänger auch schon mit einem Blankbogen mit niedrigem Zuggewicht das Bogenschießen erlernen. Das höhere Bogengewicht bereitet hier jedoch häufig Schwierigkeiten. Insofern ist der erste Einstieg mit den guten alten Einsteiger-Take-Down Recurvebögen ohne Anbauten meist die bessere Lösung.
Wie bei jeder Form des Bogenschießens ist eine saubere, reproduzierbare Schießtechnik unabdingbar. Der Blankbogen ist keine “Wunderwaffe”, mit der plötzlich jeder treffen kann. Ebenso ist es sinnlos, mit String-Walking zu beginnen, bevor man in der Lage ist, seine Pfeile sauber zu gruppieren. Wer noch eine große Streuung hat, wird Probleme damit bekommen bei Fehlschüssen herauszufinden, ob er falsch geschätzt, falsch gegriffen oder schlecht geschossen hat.
Der Wille Entfernungen schätzen zu lernen ist zumindest dann ein muss, wenn auf Feld- oder 3D Parcours geschossen werden soll.
Ein Faible für technische Einstellungen muss dafür nicht zwangsläufig vorhanden sein. Pfeilauflage und Button sowie Bogengewichte lassen zwar Feintuning zu, aber die Grundeinstellungen sind einfach vorzunehmen.

Kurs Bogenschießen

Bestandteile eines Blankbogens?

Wenngleich auch ein einteiliger Bogen als Blankbogen verwendet werden kann, sind beinahe ausschließlich Bögen mit vom Mittelteil abnehmbaren Wurfarmen im Gebrauch. Weiter kommt eine Sehne mit meist zwei Nockpunktbegrenzern zum Einsatz, eine Pfeilauflage, ein Button und zusätzliche Gewichte an der Vorderseite des Bogens oder im Mittelteil selbst.
Nach WA-Regelwerk muss der Bogen im abgespannten Zustand durch einen Ring mit 122 mm Durchmesser passen.

Mittelteil

Es sind nach WA alle Mittelteile erlaubt, die keinen Durchschusstyp darstellen. In der Praxis werden meist Mittelteile des olympischen Recurvebogens verwendet, die alle nötigen Gewindebohrungen für die Anbauten aufweisen. Überwiegend sind Mittelteile aus Metall (Aluminium) in Gebrauch, im High End Bereich ferner auch Metall-Carbon Konstruktionen.
Die Aufnahmen der Wurfarme sind ebenfalls in aller Regel verstellbar und erlauben ein Anpassen des Tillers und der seitlichen Neigung der Wurfarme. Entsprechend handelt es sich überwiegend um Aufnahmen nach dem ILF System (International Limb Fitting System) oder bei Hoyt-Bögen um das hauseigene Formula-Stecksystem.
Der größeren Schussruhe wegen werden im Blankbogenbereich eher längere Mittelstücke verwendet. Näheres dazu erfährst Du im Abschnitt Bogenlänge.
Anfänger, die nur einmal ein bisschen in die Welt des Schießens mit Blankbogen hineinschnuppern möchten, können auf die klassischen Einsteiger-Take-down Bögen zurückgreifen, da diese zumindest eine Gewindebohrung im Bogenfenster für die Pfeilauflage aufweisen und häufig auch eine an der Vorderseite des Bogens, an der ein Bogengewicht befestigt werden könnte.
Nach WA explizit verboten sind Markierungen, die eindeutig als Zielhilfe verwendet werden könnten.

Blankbogen Mittelteil

Wurfarme

Auch hier sind alle möglichen Materialien und Materialkombinationen erlaubt. Hoch performative Wurfarme aus Schaum-Carbon oder reinem Carbon dürften heute bereits auch im Breitensport die “klassischen” Holz-Fiberglas Konstruktionen überwiegen. Gemeinsam mit den anderen Komponenten des Bogens sollen die Wurfarme vor allem einen präzisen Auswurf des Pfeils ermöglichen.
ILF Wurfarme sind in drei verschiedenen Längenabstufungen von small, medium und large erhältlich. Siehe hierzu den Abschnitt Bogenlänge.
Wie auch beim Mittelteil gilt für die Wurfarme, dass Markierungen, die für das Zielen verwendet werden könnten, nicht erlaubt sind.

Bogenlänge

Die Bogenlänge ergibt sich aus der Kombination von Wurfarmen und Mittelstück. Aufgrund der größeren Schussruhe werden längere Konstruktionen bevorzugt, der Durchschnitt dürfte hier so bei 68-70 Zoll Bogenlänge liegen.
ILF Mittelteile sind mit ihrem Zuggewicht in aller Regel auf Mittelteile von 25 Zoll Länge gerechnet. Bei Verwendung von kürzeren Mittelteilen steigt das Zuggewicht um 2 Pfund pro 2 Zoll Bogenlänge, bei Verwendung von längeren Mittelteilen sinkt das Zuggewicht um 2 Pfund pro 2 Zoll Länge.
Die Wurfarmlängen S, M, L ergeben bei einem Mittelteil mit 25 Zoll:
S= 66 Zoll Bogenlänge
M= 68 Zoll Bogenlänge
L= 70 Zoll Bogenlänge

Pfeilauflage und Button

Als Pfeilauflagen werden häufig Magnetpfeilauflagen verwendet. Der Pfeil liegt dabei auf einem dünnen Stahlfinger auf. Beim Abschuss klappt der Stahlfinger in Richtung Bogenfenster und wird danach von einem Magneten zurückgeholt. Magnetpfeilauflagen können präzise in der Höhe eingestellt werden. Sie werden so justiert, dass der Pfeil mittig am Button anliegt.
Neben Magnetpeilauflagen können ebenso Klebeauflagen verwendet werden. Bei Mittelteilen, die nur eine Gewindebohrung im Bogenfenster haben, bleibt ohnehin nur die Möglichkeit, dieses Gewinde für den Button zu verwenden und die Auflage zu kleben.

Buttondruck einstellen

Was nun den Button betrifft, handelt es sich um einen feder-gelagerten Stift, der einerseits eine seitliche Ausrichtung des Pfeils ermöglicht, andererseits dem Druck des sich im Abschuss biegenden Pfeils nachgibt. Die Nachgiebigkeit des Buttons kann durch die Wahl verschiedener Federn und deren Vorspannung über ein Einstellrad reguliert werden. Auf diese Weise können kleine(!) Fehler bezüglich eines falschen Spinewerts ausgeglichen werden. Als Ausgangswert sollte eine Feder und eine Einstellung mit mittlerer Härte gewählt werden. Von dieser ausgehend, kann, falls nötig, in die eine oder andere Richtung korrigiert werden.

Seitliche Buttoneinstellung

Da das Bogenfenster bei professionellen Mittelteilen für den Blankbogen über die Mitte geschnitten ist, kann der Button so weit herausgedreht werden, dass die Pfeilmitte genau in einer Linie mit der Sehne liegt. Häufiger wird auch empfohlen, den Pfeil mit der Pfeilspitze bis zu einer halben Pfeilstärke nach links von der Sehne zu versetzen. (Umgekehrt bei Linkshandschützen).

Die Einstellungen an Button und Auflage fallen in den Bereich des Feintunings und erfordern eine sehr gute, saubere Schießtechnik, um die entsprechenden Veränderungen überhaupt wahrnehmen zu können.
Generell sorgen Auflage und Button dafür, dass der Pfeil mit möglichst wenig Beeinflussung aus dem Bogen geht. Dies ist einer der Punkte, welche die mögliche Präzision im Vergleich zu Bögen, bei denen der Pfeil im Fenster aufliegt, stark erhöht.

Magnetpfeilauflage und Button

Sehne

Als Sehne für den Blankbogen kommt theoretisch jede für das Zuggewicht geeignete Sehne infrage. Praktisch werden fast immer Endlossehnen geschossen, da diese aufgrund ihrer Bauart ein klein wenig mehr Leistung und eine regelmäßigere Kraftübertragung bringen.
Ebenfalls der Leistung geschuldet, ist die hauptsächliche Verwendung von Sehnen aus HPPE (Fast-flight) anstatt PET-Fasern (Dacron) im fortgeschrittenen Bereich. Allerdings wird über die Anzahl der Sehnenstränge nicht ausschließlich auf Pfeilgeschwindigkeit getrimmt, sondern der beste Kompromiss aus Geschwindigkeit und Handling gesucht.
Eine Sehne für den Blankbogen wird zumeist mit zwei gewickelten oder aufgepressten Nockpunktbegrenzern versehen, da ansonsten beim Abgriff unter der Nocke, diese bei Verwendung nur eines Begrenzers nach unten gedrückt werden könnte.
Nach WA darf die Sehne keine Markierungen, die als Zielhilfen dienen könnten, aufweisen und ebenso keine Markierungen für die Position von Mund und Nase.

Bogengewicht

Zusätzliche Gewichte können in die Gewindebuchsen auf der Vorderseite des Bogens geschraubt werden. Neben der Erhöhung des Gesamtgewichts und damit der Schussruhe verhindern sie das Rückwärts-kippen des Bogens beim Lösen. Dies ist wichtig, da der Blankbogen meistens mit Finger- oder Handschlaufe, mit entspannten Fingern der Bogenhand geschossen wird. Einige Mittelteile bieten außerdem die Möglichkeit, Gewichte zusätzlich im Griffstück anzubringen. Die Bögen können auf diese Weise feiner ausbalanciert und auf die individuellen Bedürfnisse der Bogensportler abgestimmt werden.
Eine Obergrenze für das Gewicht oder Regeln wo und wie genau die Gewichte angebracht sein müssen, gibt es nach WA nicht. Die Möglichkeiten sind durch die Regel, dass der Bogen durch einen Ring mit 12,2 cm passen muss, limitiert.
(Zusammenklappbare Gewichte oder ähnliches, dass nachher aufgeklappt werden könnte um die 12,2 cm Regel zu umgehen, ist natürlich nicht erlaubt)

Das Tiller-Problem beim Blankbogen

Ein Nachteil beim Bogenschießen mit String-Walking besteht darin, dass eine perfekte Tillereinstellung und auch ein perfekter Nockpunkt immer nur für eine Griffposition möglich sind. Während der Griff für die weiteste Entfernung idealerweise meist einen positiven Tiller benötigt, müsste der Tiller für die kürzesten Entfernungen oft schon bei null, wenn sehr weit abgegriffen wird auch unter null liegen. Ebenso variiert auch die ganz perfekte Position des Nockpunktbegrenzers mit dem jeweiligen Abgriff. Hierin liegt auch der Grund, warum der Stringwalking Bereich möglichst kurz gehalten werden sollte.
Nichtsdestotrotz überwiegt der Vorteil der Zielmöglichkeit durch Stringwalking aber natürlich die oben erwähnten Nachteile.

Welcher Tiller beim Blankbogen

Hier gibt es wahrscheinlich ebenso viele Antworten wie Schützen und Setups. Mann sollte im Auge behalten, in welchem Entfernungsbereich die meisten(!) Schüsse liegen. Etwaige Ungenauigkeiten, die tatsächlich über den Tiller zustande kommen, summieren sich dann logischerweise weniger, als wie wenn der perfekte Tiller auf die Maximal- oder Minimaldistanz eingestellt ist. Bei einem Setup wo nicht schon bei der Maximaldistanz sehr weit abgegriffen wird, werden Tillereinstellungen von + 3-5 mm mutmaßlich der Durchschnitt sein.
Wird der Blankbogen ausschließlich auf eine Entfernung geschossen, kann der Bogen natürlich auf genau diese Entfernung bestmöglich eingestellt werden.

Kurse im Bogenschießen mit dem Blankbogen

Wie oben bereits erwähnt, sollten Anfänger zuerst die Grundtechnik für das Bogenschießen erlernen und danach erst mit Stringwalking und Materialtuning erlernen. Meine eigenen Kurse finden im Bezirk Wiener Neustadt und Umgebung statt, Du kennst mich möglicherweise bereits von intuitivbogen.at 

Anleitungen

Hier findest Du in Bälde verschiedene Anleitungen und Informationen rund um das Thema: https://blankbogen.at/anleitungen